Impressum

 

zurück

vor

AcidHead  und Reaktionen

LEIDER VERGRIFFEN - aber bei www.booklooker.de oder www.findmybook.de bestimmt noch zu haben ;-)

 

im

KLAUS BIELEFELD VERLAG

ISBN 3-932325-28-1

"Schriftsteller waren Lügner"

Zu Stefan T. Pinternagels 'AcidHead, Visionen im Dunkeln'

Die Kunst des Schriftstellers beschreibt Pinternagels zentrale Geschichtenperson recht einfach: Geschichten erdenken. "...und wenn ihre Geschichten so gut gelogen waren, daß man sie für bare Münze hielt, dann beherrschten sie ihr Gewerbe." Also, auf den ersten Blick erwartet uns keine Literatur in den beiden 'Visionen', 'AcidHead' und High Dim', den beiden Geschichten des Buches aus der Welt der Drogen, vielmehr brutale Wirklichkeit, in der meisterhaften, unverwechselbaren sprachlichen Brechung des Autoren. Die sprachliche Empfindlichkeit macht sogar ein, den Geschichten anhängendes Glossar mit wichtigen Begrifflichkeiten der Drogensprache für den Leser notwendig.

Inhaltlich hält sich der Autor nicht lange auf mit der Frage, ob Drogengenuß einen Sinn ergibt. Ob Shit, Gras, LSD, Ecstasy, "jede Generation versucht auf ihre Weise, einen Weg in ihr ureigenstes Ich zu finden." Intensiv geht Pinternagel jenen Fiktionen der Drogen nach, die das Leben zu einem 'Faschingszug von Narren' werden lassen. Dabei bleibt es immer klar, daß es ein Zug ins Nichts ist. Doch es kommt eben darauf an, die Lebenslüge so gut zu lügen, daß man sie glaubt. Drogenleben als menschliche Phantasie, als gelebte Literatur. Zumindest zeigt sich der Rückzug in eine radikale anarchistische Individualität, in der selbst Mitleid nicht mehr teilbar wird. Die Suche nach dem Sinn individuellen, eigenen Lebens, "umlagert von Träumen und wahnsinnigen Phantasien" wird für den Suchenden, auch dem Literaten, zum Lebensinhalt. Drogen, Wörter, sind nicht anderes als betäubendes, vernichtendes, ermöglichendes Mittel dieses Weges. Und die Antworten auf die Suche? Keine, nur die Suche selbst als Antwort, die Gewißheit, daß es eine Antwort gibt. "Muß zurück nach High Dim, dem Ort, der versteckt in einem Bewußtsein liegt und darauf wartet, entdeckt zu werden."

Ein faszinierendes Buch von ungeheuerlicher Sprachkraft und - damit auf allerengste Weise verbunden - vor allem ein Buch, daß die 'Seele' des Süchtigen illustriert. "Wer zum Junkie wird, hat andere Probleme als Drogen." Doch Pinternagel hütet sich, den faszinierenden und zugleich destruktiven Rausch der Droge und der Sprache als Antwort gelten zu lassen. 'AcidHead' ist eine, wie es der Untertitel des Buches ausdrückt, 'Vision im Dunkeln'. Es ist ein Überlebensschrei gegen die Wirklichkeit.

von Alfred Büngen/Postfach17/25827 Tönning

Das Buch: Stefan T. Pinternagel: AcidHead. Visionen im Dunkeln. Klaus Bielefeld Verlag 1999. ISBN 3 - 932325 - 28 - 1

 

Wo liegt HighDim?

 

Stefan T. Pinternagel:

AcidHead. Visionen im Dunkel

1998, Klaus Bielefeld Verlag

 

gelesen von Thomas Hofmann

 

...In dem Büchlein sind zwei Erzählungen enthalten, die nur bedingt dem phantastischen Genre zuzuordnen sind, die aber ob ihrer mitunter drastischen Bildsprache durchaus dem Horror zuzurechnen sind. Es geht in beiden Erzählungen um Drogensüchtige und ihre "Erfahrungen" und irren Erlebnisse unter Drogeneinfluß.

AcidHead ist der Protagonist der ersten, kürzeren Story. Er ist einer der "Unterweltler". Auch wenn die Handlung wohl im Hier und Heute angesiedelt ist, erhält der Plot einen phantastischen Touch schon dadurch, daß der Ich-Erzähler seine Umwelt drogenverursacht einfach anders sieht als seine gesunden Mitmenschen. Sein Lebensziel ist es, von jeder stofflichen Tradition wegzukommen, was u.a. heißt, keine feste Nahrung mehr zu sich zu nehmen. Essen ist ihm widerlich, Sex ebenso. Einzig die Einnahme von bewußtseinerweiternden Drogen gibt ihm noch Sinn und Gehalt. So präpariert, durchfluten ihn Ströme kosmischen Wissens.

Er lebt zwar auf der Straße (besser: unter), hat aber einen Job als Nachtwächter; seine Habseligkeiten lagern in einem Schließfach. Wenn er mal eine Woche frei hat, macht er Urlaub und mietet sich in einer Pension eines Freundes ein. Schönes Leben...

Im Grunde bleibt die Geschichte ohne Ziel und Auflösung, ist er eine Situationsbeschreibung einen - gelinde gesagt - ungewöhnlichen Lebens. Der Plot erinnert da an "Warten auf Godot". Die Stärke des Autors liegt auf alle Fälle in der verwandten Sprache: Schöne, griffige Beschreibungen wechseln sich ab mit wunderschönen Sprachbildern, die dann schlagartig in eklige Details mutieren. So sind es meist sich windende Bandwürmer, die AcidHead, aber auch der "Held" der zweiten Story aus allen möglichen Körperöffnungen und unter dem Toupet seiner Mitmenschen kriechen sieht.

"HighDim" muß ein Ort in einer alternativen Welt sein. Es bleibt unklar, ob Javer sie je erreicht hat. Javer ist ein Proband, der von einem mad scientist aus dem Rotlicht- und Schmuddelmilieu gefischt wird, und für einen seltsamen Versuch mißbraucht wird. Zitate und die Versuchsanordnung lassen Affinitiäten zu "Metropolis" von Fritz Lang vermuten, doch wird Javer nicht in einen Roboter verwandelt, sondern hochgradig drogenabhängig gemacht und dadurch seiner Welt total entfremdet.

Mittels der nicht näher beschriebenen Maschine begibt er sich in eine "UnZeit", also in eine alternative Welt, die durch "Rhythmusstörungen" der Zeit gekennzeichnet ist. Der größte Teil der Erzählung widmet sich der Beschreibung der surrealen bis wild-phantastischen Erlebnisse in dieser Parallelwelt, die einfach aus Versatzstücken der Realität, frisch zerstückelt und neu montiert, erstellt wird. Irgendwo und -wann in diesen interdimensionalen ZeitRäumen liegt HighDim, eine Art Drogenparadies (?).

Hier wiederholt sich der Autor, irgendwann nerven die sich rasant verändernden Umwelteindrücke, die völlig beliebig aneinanderkoppelbar scheinen.

Ziel und Sinn des Experimentes bleiben dem Leser verborgen, was man bald beim Lesen merkt, so daß die Lektürelust gebremst wird. Ein Manko der Story.

Auf alle Fälle hat es mich gefreut, mal wieder etwas von Stefan T. Pinternagel gelesen zu haben, den ich bereits in der Goblin Press-Edition "Nekrotic" (2 Hefte in Pappschuber) kennelernen konnte, und der dort schon sein Gespür für besondere Themen unter Beweis stellte. Darüber hinaus ist er ein sehr fleißiger Autor, der bereits in diversen Fanzines, Anthologien, im Internet und auf CD-ROM veröffentlichte.

Die komplette Rezension incl. nachfolgendem Interview findet ihr auf der SOLAR X- Homepage!

zurück