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Nofretete in der Tram

 

Fleischgeword´ner

Traum aus Bronze

mit dunklem Kajal,

langen Wimpern,

und vollen Lippen.

Ein Blitzen in der

gepiercten Nase.

Aufrecht, wie nur

Königinnen sitzen,

über alles erhaben,

ein ferner Blick,

der durch schmierige

Scheiben schwimmt.

Anstelle des Zepters

hält Neo-Nofretete

ein Nokia in der Hand

- das steht ihr

aber auch sehr gut.

Oh anmutige Gestalt,

                    Oh nabelfreies Topp,

                                   Oh flacher Bauch!

Dann streift mich

ihr Blick,

- missbilligend -

und ich bin

beschämt

sie auf diese Weise

angesehn zu haben,

voller erigierter

Gedanken,

bete, dass sie mich

für meinen Frevel

nicht hinrichten lässt.

 

An der nächsten

Haltestelle rette ich

mein Leben und

steige schnell aus

- die Tram nimmt

sie mit in die

Vergangenheit.

 

 

Schuhe

 

Die Alte aus

dem fünften Stock

war es,

die bei der

Hausverwaltung erwirkte,

dass man seine

Straßenschuhe nicht mehr

vor der Wohnungstüre

stehen lassen durfte,

weil es dann

für Besucher aussah,

als würde man

„ein Asylantenheim“

betreten.

Als die Alte

aus dem Fünften

dann drei Wochen

nach ihrem Tod

in der Wohnung

gefunden wurde,

stank es bei ihr

„wie bei den Zigeunern“.

 

 

nur von hinten

 

Als ich nachmittags aus dem Haus ging

Wurde ich vom neuen Sommer

Regelrecht erschlagen:

Alles war so hell und warm

Und ein leichter Wind

Schlich um die Häuser herum

Wie ein Streuner.

 

Und kaum war ich die paar Meter

In die Altstadt gelaufen

Traf ich auch noch auf Frauen

Die allesamt ziemlich leicht

Bekleidet waren

Und ich fand sie alle

Irgendwie wunderschön.

 

Aber eine war dann

Doch besonders exquisite:

Sie war ganz in Schwarz

Um die Taille wand sich

Ein breiter Ledergürtel

Und ihre langen braunen Haare

Hatten einen rötlichen Stich.

 

Sie trug ein Minikleid

Und darunter so Nylonstrümpfe

Mit Spitzenbändern am Ende

Oben, bei den Schenkeln

Die konnte man sehen

Wenn ihr der Wind beim Gehen

Zwischen die Beine fuhr.

 

Ich fragte mich

Ob sie wohl ein Höschen anhatte

Und wenn ja, was für eines -

Wie geschmeidig der Stoff wäre

Welche Farbe er hätte

Aber am liebsten stellte ich mir vor

Sie hätte kein Höschen an.

 

Nach wenigen Minuten

In denen meine Blicke Kondensstreifen

Hinter ihr in die Luft schnitten

Verschwand sie in einem dieser

Türkischen Gemüseläden

Und ich hatte es verpasst

Sie von vorne zu sehen.

 

Doch das war halb so schlimm -

Denn als ich in meiner Stammkneipe ankam

Wo es kalt war und dunkel und windstill

Trank ich das erste Bier des Abends

Auf den Beginn des Sommers

Und auf die unzähligen Frauen

Die ich nur von hinten sehen würde.